Der Säntisriese

 

Als ich gestern durch meine schöne alte Heimat Toggenburg fuhr, kam mir plötzlich die Sage vom Säntisriesen in den Sinn, die wir in der Schule gelernt hatten. Hast du schon von der Geschichte gehört, weshalb im Toggenburg die schönen Häuser so weit auseinander liegen, anstatt kompakt als kleine Dorfgemeinschaften?

 

Vor uralter Zeit lebte hoch oben beim Säntis ein gewaltiger Riese.


Ihm gefiel das Toggenburg so gut, dass er beschloss, es mit hübschen Häusern zu schmücken. Doch bauen wollte er sie nicht selbst – also stapfte er über die Berge ins Montafon, wo die fleissigen Zwerge wohnten. Diese zimmerten ihm Hunderte kleine, schöne Häuschen, die der Riese in einen grossen Sack stopfte.

 

Schliesslich machte er sich auf den Heimweg, den Sack über die Schulter geschwungen. Als er über die schroffen Spitzen der Churfirsten stieg, riss der Sack an einem Felsen auf – und mit lautem Poltern purzelten die Häuschen heraus. Sie rollten und flogen den Hängen entlang, verstreuten sich weit über das ganze Toggenburg und blieben an den schönsten Plätzen liegen.

 

Der Riese schaute hinunter, sah die verstreuten Häuschen glitzern in der Sonne – und lachte:

 

„So ist’s viel schöner! Jedes Haus hat seinen eigenen Platz.“

 

Und so, erzählt man sich, liegen bis heute die Höfe und Häuser im Toggenburg weit auseinander – wie von Riesenhand verstreut.